1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Stolz und hoffnungsfroh

28. August 2009

Nach der Wahl Obamas zum Präsidenten war die Begeisterung der schwarzen Bevölkerung groß. Auch in New Orleans, wo die Menschen auf Hilfe für die vom Hurrikan Katrina verwüstete Stadt hofften. Doch viele sind enttäuscht.

https://p.dw.com/p/JKjh
Am Superdome von New Orleans erinnert nichts mehr an die Hurrikan-Katastrophe vor vier JahrenBild: DW

Während die Bürger von New Orleans der Verwüstung ihrer Stadt vor vier Jahren gedenken, macht der Präsident Urlaub. Ein Besuch von Barack Obama in New Orleans am Jahrestag von Hurrikan Katrina ist nicht geplant. Für Joia Crear-Perry ist das kein Problem: “Präsident Bush kam jedes Mal in den letzten drei Jahren, und das hat uns gar nichts gebracht”, sagt sie. Um den Jahrestag werde sowieso zu viel Gewese gemacht. Entscheidend sei doch, dass der Präsident sich um die Probleme kümmere, dass zum Beispiel darüber diskutiert wird, wie im Katastrophenfall schneller reagiert werden kann, nicht nur in New Orleans, sondern auch in anderen Städten.

Joia Crear-Perry ist Direktorin der öffentlichen Krankenhäuser in New Orleans. Weil nach Katrina zunächst alle Krankenhäuser schließen mussten, fand die Gynäkologin keinen Arbeitsplatz mehr – und entschloss sich für den Wechsel in die Verwaltung. Die Afro-Amerikanerin ist Obama-Anhängerin, genauso wie ihr Mann Andre Perry. Der Dekan des Instituts für Bildung an der Universität von New Orleans findet im Gegensatz zu seiner Frau, dass der Präsident ein Zeichen setzen müsse. "Wir haben in New Orleans noch nicht genug von Obama gesehen oder gehört, besonders was den Schutz durch die Dämme angeht.

Joia Crear-Perry und Andre Perry
Joia Crear-Perry und ihr Mann Andre hoffen, dass Obama sich auch für New Orleans einsetzt.Bild: DW

Sie werden zwar wieder aufgebaut, aber durch die Erosion der natürlichen Schutzwälle an der Küste sind wir verletzbarer als jemals zuvor. Wir brauchen mehr Diskussion über den Küstenschutz insgesamt. Die Bundesregierung muss auch verstärkt die bürokratischen Hemmnisse abbauen, damit die finanziellen Hilfen schneller ankommen. Der Präsident könnte mehr tun, um den Wiederaufbau voranzutreiben.“

Obama kann keine Wunder bewirken

Auch Stephen DeBerry ist unzufrieden. Der sozial engagierte Investor lebt zwar an der Westküste, hat aber nach einem Besuch in New Orleans vor zwei Jahren beschlossen, etwas für die Stadt zu tun. Inzwischen ist er Vorsitzender der "Freunde von New Orleans“, eines gemeinnützigen Vereins, dessen Mitglieder sich intensiv für den Wiederaufbau in der Stadt einsetzen. Die Wahl eines afro-amerikanischen Präsidenten, sagt DeBerry, habe das Leben der Menschen in der Stadt nicht plötzlich auf wundersame Weise verändert. Die Hoffnung sei groß, aber seine Gespräche mit den Verantwortlichen in Washington hätten die Probleme aufgezeigt: "Die Mitglieder der neuen Administration müssen sich erst noch in ihre Rollen einfinden, einige Posten sind auch noch gar nicht besetzt. Es ist wahrscheinlich noch zu früh, die Versäumnisse der Regierung zu kritisieren.“

Nolan Rollins von der Urban League, einer Organisation, die sich für Afro-Amerikaner einsetzt, widerspricht. Er selbst hat vor zwei Jahren die Leitung des Büros in New Orleans übernommen. "Innerhalb sehr kurzer Zeit sind bereits eine ganze Reihe Kabinettsmitglieder der neuen Regierung in New Orleans gewesen: Der Minister für Haus- und Stadtentwicklung, die Ministerin für Heimatschutz, die Verantwortliche für den Küstenschutz, der Direktor der staatlichen Notstands-Behörde FEMA, und Obamas Drogenbeauftragter. Das zeigt, dass der Präsident sich verpflichtet fühlt. Und es geht ihm nicht um die Zeremonie, sondern er bringt seine besten Leute hierher. Diejenigen, die direkten Zugang zu ihm haben. So gibt er uns die Gelegenheit, unsere Ansichten vorzubringen.“

Neues Selbstwertgefühl

Die Wahl von Barack Obama habe den Afro-Amerikanern auf jeden Fall einen moralischen Schub gegeben, sagt Rollins. "Wenn man morgens aufwacht und von tiefstem Herzen überzeugt ist, dass es jemanden in einer einflussreichen Position gibt, der einem hilft, der die USA zu einem besseren Ort machen wird, dann kann man gar nicht anders, als stolz und hoffnungsfroh zu sein.“ Ein Beispiel dafür sei in der Stadt sichtbar: Selbst in den ärmsten Gegenden tragen afro-amerikanische Jugendliche T-Shirts mit dem Konterfei des Präsidenten, sagt Rollins.

Flash - Galerie Naturkatastrophen
Weite Teile von New Orleans standen nach dem Hurrikan Katrina wochenlang unter Wasser.Bild: AP

Die Wahl von Barack Obama habe öffentlich gezeigt, sagt auch Andre Perry, dass es inzwischen viele Afro-Amerikaner mit Einfluss gebe. Und seine Frau erzählt, wie sie jüngst bei einem Besuch in Washington erlebt habe, wie sich die Wahrnehmung bei anderen verändert hat. Sie habe mit einem republikanischen Abgeordneten über die Gesundheitsreform gesprochen. “Und mitten im Gespräch schaute uns der Abgeordnete an und fragte: Und was will die Regierung? Und ich schaute meine Kollegen an", sagt Joia Crear-Perry lachend, "und fragte sie: Meint er jetzt den Präsidenten? Der Abgeordnete dachte also wirklich, weil wir schwarz sind, wissen wir eher, was die Regierung will, als er.“

Symbolische Gesten reichen nicht

Durch die Wahl Barack Obamas zum Präsidenten, erklärt sie, hätten Afro-Amerikaner in Amerika das Gefühl, dass ihre Ansicht gefragt ist. Und auch andere würden jetzt annehmen, dass Afro-Amerikaner etwas zu sagen haben. Doch diese subjektive Veränderung allein, darin sind sich die Afro-Amerikaner in New Orleans einig, reicht nicht aus. Über kurz oder lang erwarten sie konkrete Veränderungen und Maßnahmen für die Stadt, in der noch immer viele Stadtteile keine Infrastruktur haben.

Diese Pläne könnte der Präsident persönlich überbringen, denn noch in diesem Jahr, so heißt es aus seiner Umgebung, wird Barack Obama New Orleans einen Besuch abstatten. Er täte gut daran, denn länger als ein Jahr wollen auch seine Fürsprecher nicht auf diese symbolische Geste warten.

Autorin: Christina Bergmann

Redaktion: Mirjam Gehrke