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Afrikas Krisenregion der Großen Seen

Kerstin Winter18. November 2004

Das Gebiet der Großen Seen ist das politische Pulverfass Afrikas. Dort herrscht ein ständiger Kampf um Einfluss und die Nutzung der Ressourcen. Erstmals sitzen Machthaber dieser Region an einem Konferenz-Tisch.

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Diamantenmine in der Demokratischen Republik KongoBild: AP

Im tansanischen Daressalam treffen sich ab Freitag (19. bis 20.11.2004) die Staatspräsidenten der Länder rund um die Großen Seen Afrikas. Die Vereinten Nationen (UN) organisieren diese internationale Konferenz und erstmals gelang es ihnen damit, wichtige Machthaber dieser Region an einen Tisch zu bringen. Im Beisein von UN-Generalsekretär Kofi Annan wird die chaotische Lage diskutiert. Im Mittelpunkt stehen Maßnahmen zur Stabilisierung von Staatsmacht und Wirtschaft in der Krisenregion. Deshalb nehmen auch außenstehende Länder daran teil, die sich in die Konflikte eingemischt haben.

Vordergründiges Händeschütteln

Im erbitterten Kampf um Ressourcen und politischen Einfluss schwelt seit Jahren der Konflikt zwischen den Ländern. Die Verwicklungen einzelner Staaten sind komplex und schwer durchschaubar. Jede Regierung verfolgt ihre eigenen Interessen, dennoch nimmt das Händeschütteln auf diplomatischer Ebene kein Ende.

Angola, Burundi, die Zentralafrikanische Republik, die Demokratische Republik Kongo, Kongo (Brazaville), Kenia, Ruanda, Sudan, Uganda, Tansania, Sambia und Zimbabwe versammeln sich alle an einem Tisch , um hauptsächlich über einen Konflikt sprechen, von dem alle betroffen sind: Das Chaos im politischen Hexenkessel Demokratische Republik Kongo (DRC).

Kaum kontrollierbares Gebiet

Von 1998 bis 2003 tobte hier ein Krieg, in den sämtliche Nachbarländer hineingezogen wurden. Mehr als drei Millionen Menschen starben. Das Land hat die Größe Westeuropas und ist wegen der dichten Bewaldung und geringen Infrastruktur kaum kontrollierbar. Hier tummeln sich unzählige Rebellengruppen, kongolesische und ausländische, wie beispielsweise die Hutu-Milizen Ruandas, die laut der Regierung in Kigali wieder Ruanda angreifen wollen. Auch Uganda fürchtet eine Rückkehr der Allied Democratic Forces-Rebellen (ADF). Darum sind Ruanda und Uganda – trotz mehrerer Abkommen mit der DRC - militärisch immer noch präsent im Osten der Demokratischen Republik Kongo.

Machtloser Joseph Kabila

Doch die Rebellenaktivitäten dienen auch als Vorwand, denn sämtliche Nachbarländer und westliche Firmen in der DRC beuten die reichhaltigen Ressourcen aus. Vor allem Holz, Diamanten und Coltan, ein für die Computerindustrie wichtiges Mineral, werden dort abgebaut. Die Schlüsselländer im Konflikt sind Uganda und Ruanda - sie haben ganze Provinzen für die Plünderungen unter sich aufgeteilt, immer wieder kommt es zum Streit um Gebiete. Apolinaris Kithende, Abgeordneter für Kasese, der angrenzenden ugandischen Provinz zur DRC, sagt, der Raubbau geht weiter: "Die ugandische Regierung hat jetzt angefangen in der DRC nach Öl zu graben. Aber DRC-Präsident Joseph Kabila ist dagegen machtlos."

Strafzahlungen sind nur "Peanuts"

Joseph Kabila und Paul Kagame in Nigeria
Hauptfiguren im Konflikt: Ruandas Präsident Paul Kagame (li.) und Joseph Kabila, Präsident der Demokratischen Republik KongoBild: AP

Uganda und Ruanda wurden zwar vom Internationalen Strafgerichtshof wegen der unerlaubten Ressourcenausbeutung verurteilt und müssen der DRC in den nächsten fünf Jahren hohe Summen zahlen, "das sind aber nur 'Peanuts' im Vergleich zu dem, was wieder hereingewirtschaftet wird. Denn Uganda und Ruanda werden so schnell nicht aus der DRC herausgehen", sagt Kithende. Und so plündern die beiden Länder in den Provinzen Bunia, Kisangani, Bukavu und Kindu weiter.

Entwicklungshelfer heizen Konflikt mit an

Doch selbst Entwicklungshilfeorganisationen tragen zur Krise bei: 2001 hat der Malteser-Hilfsdienst 1,5 Millionen Euro in die Hände kongolesischer Rebellen gegeben, da sie "keine Zeit hatten, es zu verteilen", sagt der Holländer Luke Hoop. Er war in der DRC-Stadt Goma als Arzt tätig und hat danach den Malteser-Hilfsdienst verlassen. "Der Chef sagte, dass die Rebellen damit die Infrastruktur aufbauen könnten. Soll das ein Witz sein? Natürlich haben die damit zuerst Waffen gekauft", sagt Hoop.

Die UN ist hilflos. Ruandas Präsident Paul Kagame kritisierte erst vor kurzem ihre Mission MONUC als Geldverschwendung. Ein weiteres Problem in der DRC sind die durchlässigen Grenzen. Der Überfall auf ein Flüchtlingslager in Burundi im August 2004 wurde kongolesischen Rebellen angehängt.

"Ein junger, sehr dynamischer Präsident"

Auch die zahlreichen bilateralen Konflikte stehen in Tansania auf der Tagesordnung. So herrscht beispielsweise In Nord-Uganda seit 18 Jahren Krieg. Es ist ein Stellvertreterkrieg zwischen dem Sudan und Uganda, die die Rebellengruppen des jeweils anderen Landes bis heute unterstützen. So ist gerade Uganda eingekesselt von Feinden. Dennoch findet der amtierende ugandische Außenminister Tom Butime nur warme Worte für die Regierungen des Sudan und Ruandas. "Wir arbeiten mit der sudanesischen Regierung zusammen, um den Krieg zu beenden. Wir sind sehr zufrieden mit der Kooperation. Und Paul Kagame ist ein junger, sehr dynamischer Präsident, der Ruanda sehr gut regiert."

Die Konferenz in Daressalam soll die erste in einer Serie internationaler Treffen sein. Das nächste ist für Juni 2005 im kenianischen Nairobi geplant.